Porsche: VW-Satzung muss vollständig angepasst werden

Ergänzungsantrag auf Volkswagen-Hauptversammlung

Stuttgart, 24. April 2008. Die Satzung der Volkswagen AG, Wolfsburg, muss vollständig an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum VW-Gesetz angepasst werden. Dies betonte der Justiziar der 
Porsche Automobil Holding SE, Dr. Konrad Wartenberg, am Donnerstag auf der Hauptversammlung (HV) von Volkswagen in Hamburg. Porsche hat dazu einen entsprechenden Ergänzungsantrag eingebracht, um Rechtsklarheit zu schaffen.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 23. Oktober 2007 festgestellt, dass drei Bestimmungen des VW-Gesetzes mit der europarechtlich garantierten Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbar sind. Dabei handelt es sich um das Recht der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Niedersachsen, unabhängig von ihrer Beteiligungshöhe jeweils zwei Aufsichtsratsmitglieder in den VW-Aufsichtsrat entsenden zu dürfen, um die Beschränkung der Stimmrechte auf maximal 20 Prozent, unabhängig von der tatsächlichen Zahl der Stammaktien, die ein Aktionär hält, sowie um die Sonderregelung, wonach für Beschlüsse der Hauptversammlung, für die nach dem allgemein gültigen Aktienrecht eine Dreiviertelmehrheit der vertretenen Stimmrechte erforderlich ist, eine Mehrheit von 80 Prozent verlangt wird. Sie senkt die Sperrminorität von 25 auf 20 Prozent ab.

Dr. Wartenberg kritisierte den vom Land Niedersachsen für diese Hauptversammlung eingebrachten Ergänzungsantrag, demzufolge die Sonderregelung zur Absenkung der Sperrminorität auf 20 Prozent nicht gestrichen werden soll. „Eine nur teilweise Umsetzung des EuGH-Urteils – wie sie das Land Niedersachsen beantragt – schafft keine Klarheit, sondern stiftet Verwirrung." Insbesondere kritisierte Dr. Wartenberg den Redebeitrag des niedersächsischen Finanzministers Hartmut Möllring, der in seiner Ar-gumentation nicht nur wesentliche Fakten unterschlagen, sondern es auch unterlassen habe, auf maßgebliche Aspekte hinzuweisen. Dr. Wartenberg sagte wörtlich: „Er hat Sie als Aktionäre geradezu in die Irre geführt, indem er einerseits behauptet, das EuGH-Urteil habe nichts mit der VW-Satzung zu tun, andererseits aber das Land Niedersachsen die Satzung dann doch zumindest teilweise an das EuGH-Urteil anpassen möchte. Wie bitte, Herr Minister Möllring, passt das zusammen?“, fragte Dr. Wartenberg. „Die VW-Aktionäre, die VW-Arbeitnehmer und der Kapitalmarkt haben Anspruch darauf, durch den Blick in die Satzung feststellen zu können, welche rechtlichen Regelungen bei VW gelten“, so der Jurist weiter.

Für die Porsche SE ist es ein Irrtum anzunehmen, nur die Kombination von Höchststimmrecht und Sperrminorität sei verboten, nicht aber beide Bestimmungen für sich gesehen. Dies bestätigte – wie zuvor schon EU-Kommissar Charlie McCreevy - auch der frühere EuGH-Generalanwalt Siegbert Alber (CDU) in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstagsausgabe). Auch wenn die Formulierung des Europäischen Gerichtshofs in dem Urteil nicht eindeutig sei, interpretiere Alber sie so, dass jede der Regelungen auch einzeln keinen Bestand haben dürften. Er hält die Sperrminorität sogar für den schwersten Verstoß im VW-Gesetz gegen die Freiheit von Kapitalverkehr und Niederlassung, die in den europäischen Verträgen garantiert werden.

Dr. Wartenberg wies abschließend darauf hin, dass Porsche dem Antrag des Landes Niedersachsen nicht zustimmen werde. Er appellierte an das Land Niedersachsen, sich seiner Pflicht zur Umsetzung des Europarechts zu besinnen und dem Antrag von Porsche zuzustimmen. Wartenberg betonte, dass die Porsche SE in keinster Weise beabsichtige, den Volkswagen-Konzern zu schwächen. Mit Porsche werde es weder eine Abspaltung einzelner Marken noch einen Abbau von Arbeitsplätzen bei VW geben: „Anderslautende Behauptungen können wir nur als Stimmungsmache gegen Porsche werten. Sie entbehren jeglicher Grundlage“, sagte Wartenberg. Porsche habe stattdessen Ministerpräsident Wulff und Wirtschaftsminister Hirche in persönlichen Gesprächen angeboten, alle Möglichkeiten für die Sicherung der VW-Standorte in Deutschland bilateral vertraglich auf betrieblicher Ebene zu regeln.

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